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Wolfgang Bahro: "Könnte ewig weitermachen"

Wolfgang Bahro (48) ist uns hierzulande bestens als Prof. Dr. Hans-Joachim "Jo" Gerner aus der TV-Serie "Gute Zeiten schlechte Zeiten" bekannt. Dass Bahro eigentlich dem Kabarett entstammt, dabei mit Wolfgang Gruner und Dieter Hallervorden zusammengearbeitet hat und ein echter Star Trek Fan ist, wissen die wenigsten. hannoverguide.de hatte die Gelegenheit mit einem sympathischen Berliner zu plaudern, der schon Steve Buscemi und Tim Roth seine Stimme lieh und uns nicht nur in puncto GZSZ Rede und Antwort stand.

Herr Bahro, mit Ihrer Rolle als Jo Gerner aus GZSZ haben Sie enorme Bekanntheit erlangt. Sprechen Sie die Menschen auf der Straße manchmal mit "Hallo Herr Gerner" an? Stört Sie das?

In der Tat werde ich häufiger mit "Herr Dr. Gerner" angesprochen als ich mir vorgestellt habe und die erste Zeit hat es mich zugegeben gestört, weil ich mich persönlich einfach nicht mit Gerner identifizieren konnte. Aber ich habe mit der Zeit gelernt besser mit meiner Rolle in der Öffentlichkeit umzugehen und eingesehen, dass man den Fans keinen Vorwurf machen darf. Und wenn, dann bitte aber auch "Herr Prof. Dr. Gerner" (lacht). Waschechte Insider kennen natürlich meinen richtigen Namen und sprechen mich auch so an. Desweiteren habe ich damals noch meine Adressdaten im Telefonbuch veröffentlicht und mich häufig auf öffentliche Veranstaltungen begeben. Das ist heute nicht mehr so bzw. viel dosierter.

Wie würden Sie die Rolle des Jo Gerner mit Ihren eigenen Worten charakterisieren?

(Überlegt) Hans-Joachim Gerner ist zielstrebig, ambitioniert und im negativen Sinne ehrgeizig. Er stellt seine eigenen Interessen über die anderer Menschen, hat ein Gedächtnis wie ein Elefant und macht jeden, der ihm Schaden zuführen möchte, gnadenlos fertig. Gerner sucht sich stets seinen eigenen Vorteil und nutzt dabei alle Schliche und Tücken, um sich selbst zu bereichern. Seine Familie und eigenen Kinder jedoch stellt er wiederum vor seine Interessen. Das kann man in den aktuellen Folgen ganz gut sehen.

Sind Sie privat das Gegenteil?

Gerner und ich haben in jedem Fall die bedingungslose Kinderliebe und auch den trockenen Humor gemeinsam. Ansonsten bin ich privat zum Glück ganz anders gestrickt, ja sogar eher faul, was mit genanntem Ehrgeiz überhaupt nicht harmoniert.

Wie Sie bereits erwähnten, ist Ihre Figur trotz ihrer intriganten Charaktereigenschaften sehr kinderlieb. Erklären Sie uns das vermeintlich Paradoxe.

Nun, in GZSZ versuchen wir alle Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit darzustellen. Es gibt einfach keine plakativen Menschen. Das ist wie mit Darth Vader bei Star Wars: trotz seiner Brutalität entdeckt er schließlich doch die Liebe zu seinem Sohn. Harte Schale, weicher Kern. Und auch wenn man einen Menschen überhaupt nicht mag, braucht man nur irgendetwas Nettes oder Sympathisches an ihm zu finden, und schon steht diese Person wieder in einem ganz anderen Licht. Ich denke, dass das bei Jo Gerner genauso ist.

Ich wusste gar nicht, dass Sie Steve Buscemi und Tim Roth synchronisiert haben. Erfordern diese Personen eine besondere Vorbereitung?

Im Falle von "Desperado" hat man hat uns damals gesagt, dass wir uns den Film vor der Synchronisation erst einmal anschauen sollen. Das war im Prinzip die einzige Vorbereitung für mich. Da ich Steve Buscemi bereits mehrere Male synchronisiert habe, lernt man solch einen Menschen mit all seinen Macken auch besser kennen. Irgendwann wusste ich einfach, wann er spezielle für ihn typische Atempausen macht oder anhand seiner Mimik gewisse Dinge betont.

Einige wissen ebenfalls nicht, dass Sie ein sehr erfahrener Theaterschauspieler und Kabarettist sind, erzählen Sie uns doch etwas dazu.

Das sind in der Tat meine Anfänge. Nach oder eigentlich schon während meiner Zeit an der Schauspielschule bin ich eher zufällig im literarischen Kabarett der 20er Jahre gelandet, also Tucholsky, Hollaender usw. und musste sogar Chansons singen, die dann bisweilen in den Sprechgesang übergingen.

Sie können singen?

Sagen wir so: man muss nicht immer die Töne treffen, sondern sich gut verkaufen können (lacht). Wie dem auch sei, später hat mich der berühmte Wolfgang Gruner zu den "Stachelschweinen" geholt. Nach Öffnung der Mauer bin ich dann nach Ost-Berlin zur "Distel" gegangen, das war pure Neugier und eine interessante Erfahrung, dort Kabarett zu machen.

Was sind Ihre aktuellen und zukünftigen Projekte?

Ich spiele fast jedes Jahr im Rahmen der Jedermann-Festspiele im Berliner Dom unter der Regie von Brigitte Grothum. Ich beteilige mich wieder am Kabarettprogramm der "Stachelschweine" – also back to the roots – und mache bei dem Stück "Besetzt" mit, das auf dem Klo des Deutschen Bundestages spielt. Motto: "Politik ist auch nur ein Geschäft". Neuerdings widme ich mich Lesungen von Mozart-Briefen, begleitet vom Berliner Kammerorchester. Mozart war keineswegs nur der geniale Musiker war, sondern ein Filou, so dass das eine lebhafte Angelegenheit werden wird.

Wie wäre es denn mit einer Lesung zu Ihrem eigenen Buch?

(Lacht) Leonard Nimoy hat mal ein Buch "I am not Spock" und nach der Reaktion empörter Fans dann ein weiteres "I am Spock" herausgebracht. Ich habe auch einmal so etwas angefangen, vielleicht nenne ich es eines Tages "Ich bin nicht Jo Gerner" oder so ähnlich…

Aber nimmt denn GZSZ nicht den größten Teil Ihrer Zeit ein, wie kann man sich da noch anderen Dingen widmen?

So extrem ist das nicht. Ich spiele ja nicht in allen Folgen von GZSZ sogenannte "A-Geschichten", also die Rolle des Protagonisten. Manchmal ist mein Einsatz eher nebensächlich, so dass ich nicht die ganze Zeit am Set bin. Wenn es hoch kommt, bin ich bis zu vier Mal pro Woche am Set, aber auch dann nicht rund um die Uhr, so dass mir Zeit für andere Dinge bleibt. Kabarett läuft bei mir zudem nur zwei Montage pro Monat.

Wie lange wollen Sie sich GZSZ noch antun? Wird Ihnen nicht irgendwann langweilig?

(Lacht) Ich könnte ewig weitermachen, solange die Leute GZSZ sehen wollen. Horst Tappert hat auch bis zur Rente "Derrick" gespielt. Ich kann mir das ebenfalls gut vorstellen, weil es Spaß macht!

Ende April kommen Sie nach Hannover. Wie fühlt man sich, wenn man als VIP-Gast angekündigt wird?

(Schmunzelt) Gut! Ich bin da ganz ehrlich: es hat wahnsinnig viele Vorteile. Wenn man abends mal weggeht, kann man sich lange Wartezeiten an der Schlange oder Diskussionen mit den Türstehern sparen. Das ist entspannt.

Was fällt Ihnen zu Hannover ein?

Da muss ich an Langenhagen denken. Als Kind habe ich meine gesamten Sommerurlaube bei meiner Großtante in der Lüneburger Heide verbracht. Ich bin damals ständig von Berlin nach Hannover geflogen. Schöne Zeiten.

Vielen Dank für dieses Gespräch.

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